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Interview mit Holger Geschwindner - Basketball
Trainer von Dirk Nowitzki (Dallas Mavericks)
Holger Geschwindner (67) spielte mehr als 600 Bundesliga-Spiele und war 1972 Kapitän der Olympia-Basketball-Mannschaft in München. Er studierte Mathematik, Physik und Philosophie. Geschwindner fungiert als Berater, persönlicher Trainer und Mentor für Dirk Nowitzki. KOOPERATION DIRK NOWITZKI Herr Geschwindner, wie fing die Zusammenarbeit mit Dirk Nowitzki an? Dirk habe ich zufällig bei einem Spiel der DJK-Würzburg entdeckt. Als wir anfingen, gemeinsam zu trainieren, war er ca. 16,5 Jahre alt und wir standen vor der großen Aufgabe: "Wie kann man seinen Wunsch erfüllen, sich mit den Besten der Welt zu messen?" Es stellte sich heraus, dass weder die Basketball-Literatur noch die fachspezifischen Magazine uns auf dem Weg weiterhelfen konnten. Warum war das so und was haben Sie unternommen ? Aus meiner Sicht verändert sich eine Sportart so schnell, dass das gedruckte Buch oder ein Magazin bei Erscheinen fast schon veraltet ist. Insofern mussten wir uns selbst etwas überlegen und einen "guten Riecher" haben, wohin die Sportart sich entwickelt. Das hat ganz gut geklappt. |
Nowitzki - Geschwindner Workout
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EINSTELLUNG UND EINSATZ ALS TRAINER
Bei so vielen Erfolgen könnte es einem als Trainer auch langweilig werden. Was hält Ihre Begeisterung am Leben ? Langweilig wurde es mir nie und wir haben auch nicht nur Erfolge erlebt. Im Gegenteil, in den vergangenen 19 Jahren sind wir zusammen durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Das macht den Reiz aus, wenn ein Athlet an die Weltspitze kommt und sich dort halten will. An der Spitze muss man ständig überlegen: Wie agiere ich, wie geht's weiter, wie kriege ich den nächsten Schritt hin? Auch dazu gibt es keine Literatur. Es ist eine vielschichtige Herausforderung, man ist ständig am Suchen, probiert neue Wege aus, guckt bei anderen Sportarten Trainings an und fragt sich, ob etwas gut sein, ob es weiterhelfen könnte. Aber mit Ihrer Erfahrung als Spieler und Trainer im Basketball wissen Sie doch "wie der Hase läuft" ! Sicher, einige Erfahrungen habe ich. Das bedeutet aber nicht, dass ich auf alle Fragen der Buben jederzeit die richtige Antwort parat habe. Gerade in der Anfangsphase gab es viele Momente, in denen ich auf die Fragen der jungen Spieler antworten musste: "Mal langsam. Das weiß ich jetzt nicht, darüber müssen wir morgen nochmal reden". D.h., wenn man als Betreuer-Trainer ernsthaft und ehrlich auf die Talente und ihre Bedürfnisse eingeht bzw. an deren Entwicklung weiterarbeitet, bleiben die Aufgaben jederzeit spannend. Auch darauf basiert meine Begeisterung und mein Engagement im Basketball. |
Geschwindner Basketball Camp
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UMGANG MIT TALENTEN
Wie sollte man mit sportlichen Talenten umgehen ? Talente werden oft durch rigide Methoden abgeschreckt. Im Sport wird man über Anweisungen wie "du musst/sollst das und darfst das nicht" nicht viel erreichen. Ich vertrete eher die Devise: "Ihr müsst auf Nichts verzichten, aber ihr dürft euer Ziel nicht aus den Augen verlieren". Daher habe ich die Buben manches Mal selbst in die Disco gefahren und wieder abgeholt. Jugendliche Leistungssportler kann man nicht von der Welt fernhalten. Im Gegenteil, man sollte ihnen die schönen Dinge der Welt zeigen. Wie schätzen Sie Ihr Verhältnis zu dieser Generation ein und welche Bedeutung hat das Lernen ? Wenn man ein offenes, ehrliches Verhältnis zu den Jungs pflegt, sollten die Kommunikation und die Zusammenarbeit gut funktionieren. Das Lernen spielt eine besondere Rolle - ich habe mindestens genauso viel von den Jungs gelernt wie sie von mir. Als Trainer hofft man natürlich, dass man einen Beitrag zu ihrem Fortkommen leisten konnte. Jedenfalls kann ich aus meiner Erfahrung sagen, es macht viel Spaß, sich gemeinsam weiterzuentwickeln. |
Nowitzki - Geschwindner Training
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DIRK NOWITZKI - ENTWICKLUNGEN IN DER NBA
In der Teamsportart Basketball haben Sie mit Dirk Nowitzki Veränderungen durch individuelle Entwicklung bewirkt. Welche sind das ? Laut NBA hat Dirk fünf Neuerungen mitbewirkt. Diese Weiterentwicklungen wurden inzwischen von vielen Top-Profis übernommen. Als "7-Footer" - 2,13-m-Mann - schoss er z.B. als erster einen hohen Prozentsatz an Drei-Punkte-Würfen. Davor wurden große Spieler fast ausschließlich in Korbnähe eingesetzt. Weiterhin führte Dirk eine Positions-Auflösung ein. Während früher große Spieler feste Positionen inne hatten, kann er auf mehreren Positionen spielen. Neben von Dirk eingeführten, speziellen Würfen, wie dem sogenannten "Flamingo-shot" oder dem "One-step-fade-away", erhöhte er auch die Trefferquote für große Spieler beim Freiwurfschießen erheblich. Was setzt die Konkurrenz in der NBA dagegen ? Um Strategien gegen die Dallas Mavericks zu entwickeln, steht bei den Gegnern immer die Frage im Raum: "Was machen wir mit Dirk?". Die Los Angeles Lakers versuchten es 2011 in der Play-off-Runde mit sieben verschiedenen Spielern, um ihn in den Griff zu bekommen. Ohne größeren Erfolg, denn Dirk fand für jede Situation eine passende Lösung. Quelle: Pfaff, E. (2013). "Das Wichtigste war und ist, dass wir immer auf Augenhöhe agiert haben." Leistungssport, 43 (3), P. 49-53. www.leistungssport.net |